Wirtschaftspsychologie: Steuerprogression und sozialer Ausgleich werden meist unterschätzt

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Wirtschaftspsychologie 1/2011. Die Mehrheit der Bevölkerung bewertet die Steuerbelastung unterschiedlicher Einkommensgruppen als illegitim. „Hohe Einkommen sind nach Ansicht der Befragten zu gering, niedrige Einkommen zu hoch besteuert. Ein Vergleich dieser Urteile mit den objektiven Steueranteilen zeigt, dass dieses Illegitimitäts-Urteil nicht auf der Kenntnis der objektiven Gegebenheiten beruhen kann,“ berichten Prof. Dr. Lorenz Fischer und Dr. Oliver Fischer (Köln) in „Wirtschaftspsychologie“.

„Vertiefende Analysen ergeben, dass die Unterstellung einer ungerechten Besteuerung nur zu geringen Teilen auf den Neidfaktor zurückgeführt werden kann und in höherem Maße Unkenntnis des Steuersystems signalisiert. Diese Unkenntnis lässt sich mit dem aversiven Charakter der Steuerthematik einerseits und ihrer Komplexität anderseits begründen.“

Die Autoren referieren ein Experiment von Haferkamp und Fetchenhauer: „Die Versuchspersonen sollten sich in die Rolle eines Finanzministers versetzen, der die Aufgabe hatte, durch die Verteilung von variablen Steuersätzen auf vorgegebene Einkommensklassen ein bestimmtes Steuervolumen zu erzielen. Die meisten ´FinanzministerInnen´ wählten einen progressiven Tarif, der aber erheblich unter der tatsächlichen Progression in Deutschland lag.

Besonders interessant war, dass aus den erbetenen Kommentaren der Versuchspersonen bei nicht wenigen eine begeisterte Umverteilungs-Emphase zu Tage trat, die letztlich wieder eine Unkenntnis der tatsächlichen Steuerprogression erkennbar werden ließ.“

Wie aversiv die Mehrheit der Bevölkerung auf die Steuerthematik reagiert, zeigte sich in einer Studie: Die Befragten waren im Mittel bereit, mehr als das Vierfache ihres eigenen Nettostundenlohns zu bezahlen, wenn sie sich damit eine Stunde Arbeit an der Steuererklärung ersparen konnten…

L. Fischer, O. Fischer: Die Einkommensteuer-Progression: tatsächlich illegitim?

in: E. Kirchler, E. H. Witte (Hrsg.) Ökonomisch-psychologische Überlegungen zum Steuerverhalten. Wirtschaftspsychologie 1/2011

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