Verlängerung der Gewährleistungsfrist nur im Ausnahmefall zulässig!
Mit Urteil vom 14.03.2018 (Az.: 13 O 223/16) stellt das Landgericht Bonn klar: Die vorformulierte Klausel eines Bauvertrags, wonach die Gewährleistungsfrist für die Bauleistungen für die komplette Außenhaut eines Gebäudes zehn Jahre ab Abnahme beträgt, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist daher unwirksam.
LG Bonn, Urteil vom 14.03.2018 – 13 O 223/16
Sachverhalt:
Das Landgericht Bonn hatte in der vorliegenden Sache über einen Kostenvorschuss zur Selbstvornahme einer Mangelbeseitigung in Höhe von rund 2 Mio. EUR aus einem Bauvorhaben zu entscheiden. Die Klägerin fungierte insoweit als Generalübernehmerin und schloss in dieser Funktion mit der Beklagten einen Generalunternehmervertrag ab. Hierin fand sich u. a. folgende Regelung:
„§ 14 Gewährleistung
3. Die Gewährleistung beträgt, gerechnet ab der Abnahme:
[Abs. 1] a) für die Bauleistungen für die komplette Außenhaut des Gebäudes (Bodenplatte, Außenwände, Fassade, Dächer, insbesondere auch für alle Abdichtungsarbeiten gegen Bodenfeuchtigkeit, nicht drückendes, drückendes und temporär drückendes Wasser, bei der Fassade insbesondere einschließlich der Fugenabdichtungen) zehn Jahre, wobei der AN alle insoweit wartungsbedürftigen Teile bis zum Ablauf der Gewährleistungszeit auf seine Kosten zu warten hat.“
Die Abnahme der Arbeiten der Beklagten durch die Klägerin erfolgte am 26.09.2006, die Klägerin erhob die vorliegende Vorschussklage genau 10 Jahre nach der Abnahme am 26.09.2016. Die Beklagten wandten hiergegen Verjährung ein und führten aus, dass die vorgenannte Regelung der AGB-Kontrolle unterliege und wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sei.
Entscheidung:
Mit Erfolg! Das Landgericht Bonn folgt der Argumentation der Beklagten und weist die Klage unter Hinweis auf die am 26.09.2011 abgelaufene Verjährung ab. Hierzu stellt es fest, dass die Gewährleistungsfrist durch § 14 des zwischen den Parteien geschlossenen Generalunternehmervertrags nicht wirksam verlängert worden ist.
Die Gewährleistungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB hätte nur durch Individualvereinbarung oder durch wirksame AGB verlängert werden können. Die streitgegenständliche Vertragsklausel stelle zwar eine allgemeine Geschäftsbedingung dar. Diese sei aber nicht wirksam.
Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies sei in Bezug auf die vorgenannte Klausel der Fall, da sie von der gesetzlichen Regelverjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB wesentlich abweiche, diese Abweichung vom gesetzlichen Leitbild vorliegend aber sachlich nicht gerechtfertigt sei und den Auftragnehmer daher unangemessen benachteilige.
Zwar habe der Bundesgerichtshof eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre und einen Monat für Flachdächer für ausnahmsweise angemessen erachtet und hierzu ausgeführt, dass dies durch besondere Interessen des Auftraggebers gerechtfertigt sei. Der Unterschied zum vorliegenden Fall bestehe aber darin, dass der Auftraggeber bei Flachdacharbeiten ein erhöhtes Bedürfnis an einer ausreichenden Bemessung der Verjährungsfrist habe, da Ausführungs- und Planungsmängel an Flachdächern häufig vorkommen, erfahrungsgemäß aber oft erst später als fünf Jahre nach der Abnahme auftreten.
Die streitgegenständliche Klausel erfasse aber eben nicht nur solche Gewerke, bei denen Ausführungs- und Planungsmängel häufig vorkommen und erfahrungsgemäß häufig erst später als fünf Jahre nach der Abnahme auftreten. Vielmehr erfasse die streitgegenständliche Klausel Bauleistungen für die komplette Außenhaut des Gebäudes, also etwa auch Elemente der Außenwand mit reiner Dekorationsfunktion wie z. B. Maler- und Putzarbeiten. Für solche Arbeiten sei ein besonderes Interesse des Verwenders an einer verlängerten Gewährleistung jedoch gerade nicht zu erkennen. Dies führe insgesamt zur Unwirksamkeit der Klausel.
Praxishinweis:
Das vorliegende Urteil des Landgerichts Bonn macht (zutreffend) deutlich, dass die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1996 (Urteil vom 09.05.1996- VII ZR 259/94) zur formularmäßigen Verlängerung der Verjährungsfrist von Gewährleistungsansprüchen auf zehn Jahre und einen Monat keineswegs als allgemeingültig zu verstehen ist. Hierzu hat der BGH seinerzeit klargestellt, dass die Verlängerung der Gewährleistungsfrist einer AGB-Kontrolle nur dann standhält, wenn die Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB im Einzelfall durch besondere Interessen des Auftraggebers gerechtfertigt ist.
Denn die gesetzliche Gewährleistungsfrist beruhe nach den Ausführungen des BGH darauf, dass aus der Sicht des historischen Gesetzgebers schwerwiegende Baumängel regelmäßig innerhalb von fünf Jahren hervortreten. Für bestimmte moderne Bautechniken und Baustoffe sei diese Frist verhältnismäßig kurz und könne deshalb unangemessen sein. Dies gelte etwa bei Flachdacharbeiten. Denn hier kämen sowohl Ausführungs- oder als auch Planungsmängel häufig vor und zwar erfahrungsgemäß oft erst später als fünf Jahre nach der Abnahme. Etwa ein Drittel der Anfangsschäden trete bei Flachdacharbeiten erst nach über fünf Jahren in Erscheinung Dies führe dazu, dass der Auftraggeber bei solchen Arbeiten ein erhöhtes Bedürfnis an einer ausreichenden Bemessung der Verjährungsfrist haben.
Mit anderen Worten: Solange nicht ausnahmsweise ein besonderes Interesse des Auftraggebers an der Verlängerung der der Gewährleistungsfrist besteht, hält deren formularmäßige Verlängerung der AGB-Kontrolle nicht stand. Insoweit ist zu beachten, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines solchen besonderen Interesses bei dem Verwender der entsprechenden AGB liegt.
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