Gefahren auf der Baustelle: Generalunternehmer haften für verunglückte Mitarbeiter des Nachunternehmers
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Gefahren auf der Baustelle: Generalunternehmer haften für verunglückte Mitarbeiter des Nachunternehmers

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Arbeitnehmer oder Besucher können sich auf Baustellen schnell verletzen. Gefahrstellen müssen daher kontrolliert und abgesichert werden. Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte zu entscheiden, ob ein Generalunternehmer auch für den verunfallten Mitarbeiter seines Nachunternehmers haftet – und das Gericht entschied: Er muss für Fehler auf der Baustelle geradestehen.

Der Fall

Ein Generalunternehmer war damit beauftragt, ein Wohngebäude zu bauen. Er ließ für den Zugang in das erste Obergeschoss eine provisorische Treppe aus Holz errichten. Diese war auf zwei gestapelten Holzpaletten angenagelt und ohne Befestigung an die Kante zum ersten Obergeschoss angelehnt. Der Mitarbeiter eines vom Generalunternehmen (GU) mit Sanitärarbeiten beauftragten Betriebs versuchte, eine Stemmmaschine über die provisorische Treppe zu transportieren. Wie zu erwarten, rutschte diese kurz nach Betreten der zweiten oberen Sprosse ab. Der Mitarbeiter fiel mehr als zwei Meter tief. Infolge seiner schweren Verletzungen zahlte ihm dessen Berufsgenossenschaft 97.589,81 Euro aus, die sie anschließend vom Generalunternehmer über zwei Instanzen zurückverlangte.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Brandenburg sprach der Berufsgenossenschaft am 11. Januar 2023 den Zahlungsanspruch in voller Höhe zu (4 U 136/21). Der GU hafte gemäß den Paragraphen 836, 837 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (in Verbindung mit Paragraph 280 Abs. 1 BGB). Der GU hatte eine Unterhaltspflicht (gemäß Paragraph 836 Abs. 1 BGB), nach der das Gebäude oder Werk – worunter auch die provisorische Holztreppe fällt – jederzeit dem geltenden Sicherheitsstandard hätte entsprechen müssen. Daneben oblag dem GU die vertragliche Pflicht, alles ihm Zumutbare zu tun, um seinen Vertragspartner bei der Ausführung der Arbeiten vor Schaden bewahrt. In analoger Anwendung des Paragraphen 618 Abs. 1 BGB gehörte hierzu auch, den Arbeitsraum einschließlich der Zugänge und Treppen in einem sicheren Zustand einzurichten und zu unterhalten, um Unfälle der Mitarbeiter der Nachunternehmer zu vermeiden.

Das müssen Eigentümer und Bauherren jetzt tun

Jeder Eigentümer oder Bauherr muss kontrollieren und sicherstellen, dass von seinem Grundstück keine Gefahren für Dritte ausgehen. Diesen Kontrollpflichten muss er nachkommen. Die Sicherheit einer Baustelle ist zu überwachen. Natürlich reicht der bekannte Hinweis „Eltern haften für ihre Kinder“ hierfür nicht aus.

Gleiches gilt grundsätzlich auch für den (General)Unternehmer im Verhältnis zu seinen eigenen Mitarbeitern, den Mitarbeitern seines Nachunternehmers sowie zu Dritten. Hat er zuvor eine Gefahr selbst geschaffen, wie etwa im Falle eines ungesicherten Grabens (Oberlandesgericht München, Urteil vom 26. September 2018, 7 U 3118/17) oder eines ungesicherten Treppenauges (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 27. Oktober 2021, 12 U 293/20), muss er für die Folgen eines Unfalls einstehen.

„Bauherren und Generalunternehmer können Verkehrssicherheitspflichten grundsätzlich auf einen beauftragten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) delegieren und sich durch Abschluss einer Bauhelferunfallversicherung zusätzlich absichern“, rät Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München. Setzt ein Generalunternehmer Nachunternehmer ein, hat er eigenständig für den Schutz der Mitarbeiter seiner Nachunternehmer zu sorgen. „Er ist aber nicht verpflichtet, die vom Nachunternehmer eingerichteten und ausschließlich von dessen Mitarbeitern genutzten Sicherungsmaßnahmen auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften zu kontrollieren“, sagt Reichert.

Stefan Reichert
Rechtsanwalt in München
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