Pflichtenübertragung: Bußgeldrisiken wirksam begegnen
Viele Unternehmerpflichten bergen die Gefahr von Verstößen und Bußgeldern. Eine Pflichtenübertragung kann dabei für Entlastung sorgen.
Zu den zahlreichen Unternehmerpflichten gehören der äußerst sensible Bereich des Datenschutzes, die Arbeitszeitvorschriften sowie die berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften. „Zwar gibt es Pflichten, die als höchstpersönliche Verpflichtungen nicht an Dritte delegiert werden können, wie steuerliche Pflichten der Geschäftsleitung aus der Abgabenordnung oder die Insolvenzantragspflicht“, erklärt Dr. Tobias Schulze, Rechtsanwalt bei Ecovis. „Doch je größer ein Betrieb, desto weniger wird die Geschäftsleitung alle Pflichten selbst überwachen können und desto mehr wird es erforderlich sein, verantwortliche Mitarbeiter mit übertragbaren Pflichten zu betrauen.“
Einschlägige Gesetze und Verordnungen lassen diese Übertragung mit echter Entlastungsfunktion zu. Doch durch die Delegation von Pflichten an Mitarbeiter wird die Unternehmensleitung nicht ohne Weiteres von ihrer eigenen Verantwortung befreit. Sie wird nämlich dann für Fehlverhalten von Mitarbeitern verantwortlich gemacht, wenn sie ihren Auswahl- und Aufsichtspflichten nicht nachkommt. Um die bußgeldbewährte öffentlich-rechtliche Verantwortung wirksam an Mitarbeiter zu übertragen, müssen mehrere Voraussetzungen sorgfältig beachtet werden.
Auf der sicheren Seite
Zunächst gilt es, einen geeigneten fachkundigen und zuverlässigen Mitarbeiter auszuwählen. „Doch lediglich der Titel ,Leiter‘ oder ,Beauftragter‘ für Mitarbeiter reicht nicht aus“, weiß Schulze. Jede Pflichtendelegation muss in einer eindeutig dokumentierten Vereinbarung geregelt werden. Hierbei ist stets zu beachten, dass ganz konkrete Pflichten eindeutig und zweifelsfrei übertragen werden. „Pauschale Umschreibungen verbieten sich“, sagt Peter Lamers, Rechtsanwalt bei Ecovis. Der Mitarbeiter muss sich also des genauen Umfangs bewusst sein und ebenso, dass er die neuen Aufgaben nunmehr in eigener Verantwortung übernimmt. „Vereinbarungen zur Übertragung der Pflichten sollten daher nicht zuletzt aus Nachweisgründen unbedingt schriftlich erfolgen und vom Mitarbeiter abgezeichnet werden. Dies kann zweckmäßigerweise unmittelbar im Arbeitsvertrag oder als Anlage zum Arbeitsvertrag geregelt werden“, sagt Lamers.
Die Pflichtendelegation bedeutet freilich nicht, dass ein Unternehmer gänzlich aus der Verantwortung befreit ist, denn die Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG bleibt bestehen. „Am besten kann durch Stichproben, die schriftlich dokumentiert werden sollten, sichergestellt werden, dass der ausgewählte Mitarbeiter die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß und sachgerecht erfüllt“, empfiehlt Rechtsanwalt Lamers, „zwei vertiefte Prüfungen im Jahr sollten ausreichen, sofern es nicht zu Beanstandungen oder besonderen Vorfällen kommt.“ Dann müsse öfter und genauer hingeschaut und notfalls auch der Mitarbeiter geschult oder die Verantwortung gar auf einen Kollegen übertragen werden. Im Falle von Sicherheitsmängeln hat die Geschäftsleitung unverzüglich Abhilfemaßnahmen einzuleiten.
Worüber wir reden sollten
- Welche Unternehmerpflichten können und sollen an zuverlässige Mitarbeiter übertragen werden?
- Wie wird eine Pflichtenübertragung am besten vertraglich geregelt und die eigene Auswahl-, Aufsichts- oder Überwachungspflicht optimal erfüllt?
- Welche Besonderheiten sind bei gesetzlich vorgeschriebenen Beauftragten wie Datenschutz-, Sicherheits-, Abfall-, Gefahrgut-, Gewässerschutz- oder Immissionsschutzbeauftragten zu beachten?