Tax Compliance: Risiken im Griff behalten
Angesichts der Vielzahl steuerlicher Pflichten und Vorschriften können auch sorgfältig arbeitenden Unternehmen Fehler unterlaufen. Ein Compliance Management System schützt vor ungewollter Steuerhinterziehung.
Wenn Fehler in der Steuererklärung oder -anmeldung zu steuerverkürzenden Ergebnissen führen, bewegen sich Unternehmer und Führungskräfte auf einem schmalen Grat. Im günstigen Fall kommt es bei unverzüglicher Berichtigung nach Erkennen des Fehlers und entsprechender Meldung an das Finanzamt lediglich zur Nachzahlung samt Verzinsung. Unterstellen die Behörden jedoch leichtfertiges oder sogar vorsätzliches Handeln, droht der Vorwurf der Steuerhinterziehung. „Geschäftsführer und Vorstände haften dann unter Umständen auch persönlich und müssen sogar mit strafrechtlichen Folgen rechnen, wenn ihnen eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Verletzung der Sorgfaltspflicht vorgeworfen wird“, sagt Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Michael B. Schröder.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Brisanz erkannt und in einem Schreiben im Mai 2016 eine Möglichkeit aufgezeigt, wie sich Steuerpflichtige von einem Anfangsverdacht zumindest entlasten können. Demnach kann ein innerbetriebliches Kontrollsystem in Form eines Compliance Management Systems (CMS) ein Indiz dafür sein, dass weder Vorsatz noch Leichtfertigkeit vorliegen. Der Begriff „Compliance“ meint übersetzt die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und unternehmensinterner Richtlinien. Ein CMS kann sich davon ausgehend auf die Unternehmensprozesse vom Einkauf bis zum Vertrieb ebenso beziehen wie auf bestimmte Rechtsgebiete wie etwas das Kartell-, Datenschutz- und Wettbewerbsrecht oder eben das Steuerrecht.
Risiken reduzieren
Ein Tax Compliance Management System hat als abgegrenzter Teilbereich des CMS die vollständige und zeitgerechte Erfüllung steuerlicher Pflichten zum Ziel. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines solchen Kontrollsystems gibt es nicht. „Wenn es aber geeignet ist, Risiken für Regelverstöße zu erkennen und diese zu verhindern, stärkt das die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und seiner Verantwortlichen“, sagt Schröder.
Gerade in komplexen Bereichen wie der Umsatzsteuer, wo die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen und zahlreiche Voranmeldungs- und Erklärungspflichten für ein hohes Fehlerrisiko sorgen, können in den Arbeitsablauf integrierte Kontrollmaßnahmen ernsthafte Konsequenzen verhindern. Das Tax CMS hilft dabei nicht nur, Fehler zu korrigieren. Eventuell genügt gegenüber der Finanzbehörde dann lediglich eine Berichtigungsanzeige. Würde der Fehler dagegen als Indiz für eine Steuerhinterziehung gewertet, wäre eine Selbstanzeige mit ihren weitreichenden Folgen mit Blick auf Verjährung, Haftung und strafrechtliche Konsequenzen einzureichen. „Das BMF betont allerdings ausdrücklich, dass auch ein internes Kontrollsystem nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls befreit“, sagt Armin Weber, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.
Anforderungen an ein CMS
Die konkrete Ausgestaltung eines internen Kontrollsystems hängt von der Größe, dem Umfeld und der Branche des Unternehmens ab. „Das Spektrum kann von klar definierten, automatisierten Kontroll- und Berichtsabläufen bis hin zu individuell gestalteten Lösungen bei kleinen und mittleren Unternehmen reichen“, erklärt Katja Nötzel, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin. Eine Orientierung bieten die grundsätzlichen Anforderungen an ein Tax CMS, die das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) in einem Prüfungshinweis zum Prüfungsstandard PS 980 zusammengefasst hat. Basis ist dabei die Tax-Compliance-Kultur im Unternehmen, die durch das Management und die Rolle der Aufsichtsorgane geprägt wird. Sie beeinflussen durch ihre Grundeinstellungen und Verhaltensweisen das Bewusstsein der Mitarbeiter für die Beachtung steuerlicher Regeln und damit die Bereitschaft zu regelkonformem Verhalten. Die mit dem Tax CMS angestrebten Ziele werden von der Geschäftsleitung auf der Grundlage der von dem Unternehmen zu beachtenden Regeln festgelegt. Ausgehend davon lassen sich die Risiken für Verstöße identifizieren und entsprechend ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichen Folgen analysieren. Im Rahmen eines Tax CMS können darauf aufbauend geeignete Grundsätze und Maßnahmen zur Vermeidung dieser Risiken eingeführt werden. Das System umfasst dabei auch die zu ergreifenden Maßnahmen bei festgestellten Compliance-Verstößen.
Organisieren und kommunizieren
Das Management muss für ein wirksames CMS die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sowie die Ablauforganisation für die Einhaltung der steuerlichen Pflichten klar regeln. Ebenso stellt es die für die Kontrolle notwendigen Ressourcen wie etwa Mitarbeiter, IT und Expertise bereit. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Kommunikation. Sie umfasst Arbeitsanweisungen ebenso wie Informationen darüber, wie Hinweise auf mögliche und festgestellte Regelverstöße an die zuständigen Stellen im Unternehmen berichtet werden. Nicht zuletzt muss eine ausreichende Dokumentation des CMS dessen Überwachung und die Berichterstattung über festgestellte Schwachstellen oder Regelverstöße ermöglichen. Nur so können Mängel beseitigt und Verbesserungen vorgenommen werden.
Angemessenheit oder Wirksamkeit prüfen
Ein CMS gewinnt als Indiz für sorgfältiges Handeln zusätzlich an Gewicht, wenn eine Bescheinigung durch einen Wirtschaftsprüfer vorliegt. „Dabei können sowohl die Angemessenheit als auch die Wirksamkeit geprüft werden“, erläutert Armin Weber. Als angemessen gilt das Kontrollsystem, wenn es mit hinreichender Sicherheit geeignet ist, Regelverstöße zu verhindern oder zu erkennen. Wirksamkeit ist gegeben, wenn die Grundsätze des Tax CMS in den laufenden Geschäftsprozessen von den Betroffenen nach Maßgabe ihrer Verantwortung zur Kenntnis genommen und beachtet werden. „Zusätzlich zu dieser Schutzfunktion ist das CMS eine wichtige Basis für die Steuerplanung und eine effiziente Unternehmensführung“, betont Experte Weber.
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