Unberechtigten Mangelsuche: Besteller hat die Kosten zu tragen

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Rügt der Besteller einen Werkmangel und stellt sich später heraus, dass der Mängelverdacht unbegründet war, haftet der Besteller für die Kosten der Fehlersuche.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 30.01.2019 – 2-16 S 121/18

Sachverhalt:

Die Beklagte betreibt eine Kfz-Werkstatt. Die Klägerin beauftragt sie mit dem Einbau einer von der Klägerin selbst gelieferten Kupplung. Nach dem Einbau zeigen sich unangenehme Geräusche am Fahrzeug der Klägerin, die auf einen Defekt des Fahrzeugs hinweisen. Das Fahrzeug wird daher auf das Gelände eines Reparaturbetriebs verbracht, wo es auf Fehler untersucht werden soll.

Die Beklagte holt das Fahrzeug dort ab und verbringt es in ihren eigenen Betrieb. Dort baut sie die Kupplung des Fahrzeugs aus, setzt probeweise eine andere Kupplung ein und baut das Getriebe wieder ein. Die Geräusche treten auch nach dieser Maßnahme immer noch auf.

Die Beklagte verlangt von der Klägerin u.a. die Erstattung der für den Ein- und Ausbau des Getriebes angefallenen Kosten und verweigert die Herausgabe des Fahrzeugs, so lange diese Kosten nicht beglichen sind.

Die Klägerin macht ihren Herausgabeanspruch darauf hin gerichtlich geltend. Das erstinstanzliche Amtsgericht gibt der Klage statt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung zum Landgericht Frankfurt/Main.

Entscheidung:

Mit teilweisem Erfolg! Die Beklagte kann die Herausgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Zahlung der Ein- und Ausbaukosten des Getriebes verweigern.

Das Landgericht Frankfurt/Main stellt klar, dass der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB zusteht. Sie habe zwar keinen Werklohnanspruch gem. §§ 631, 632 BGB, weil zwischen ihr und der Klägerin weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten ein Vertrag über den Ein- und Ausbau des Getriebes zustande gekommen sei. Ebenso wenig könne sie sich auf ein Werkunternehmerpfandrecht gem. § 647 BGB stützen, da dieses nur bei Vorliegen eines Werkvertrags in Betracht kommt.

Allerdings stehe der Beklagten ein Gegenanspruch aus der sog. unberechtigten Übernahme von Geschäften gem. § 684 BGB zu. Denn in der Fehlersuche und den damit verbundenen Kosten liege ein sog. auch fremdes Geschäft. Darunter ist ein Geschäft zu verstehen, das sowohl im Interesse des Geschäftsherrn (hier der Klägerin) als auch des Geschäftsführers (hier der Beklagten) geführt wird. Mit der Fehlersuche nahm die Beklagte nämlich nicht nur ihre aus dem werkvertraglichen Mängelgewährleistungsrecht folgende Pflicht zur Nachbesserung nach, sondern versuchte zugleich nachzuweisen, dass die Ursache der störenden Geräusche nicht aus ihrem Verantwortungsbereich stamme.

Als Rechtsfolge dieser unberechtigten Geschäftsübernahme könne die Beklagte Wertersatz für diejenigen (Werk-)Leistungen verlangen, die noch im Vermögen der Klägerin manifestiert sind. Maßgeblich für die Bestimmung solcher noch im Vermögen des Schuldners (hier also der Klägerin) verbliebener Vorteile sei im Falle von Werkleistungen, ob dem Schuldner eigene Aufwendungen erspart geblieben sind. Das sei bzgl. der Ein- und Ausbaukosten des Getriebes der Fall, da hierdurch festgestellt wurde, dass das Getriebe mangelhaft sei und die Klägerin sich dadurch weitere Kosten für die Fehleraufsuche (z.B. durch ein technisches Gutachten) erspart habe.

Praxishinweis:

Die Entscheidung ist für Auftragnehmer grundsätzlich sehr erfreulich! Denn während der BGH bislang lediglich klargestellt hat, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber gegenüber keinen Anspruch darauf hat, dass der Auftraggeber sich zur Erstattung der Kosten für die Fehlersuche ausdrücklich bereit erklärt, haben die Obergerichte zum großen Teil entschieden, dass der der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Erstattung der Mangelerforschung gegenüber dem Auftraggeber hat.

Die vorliegende Entscheidung darf jedoch nicht pauschal dahingehend verstanden werden, dass der Auftraggeber per se zur Übernahme der Mangelerforschungskosten verpflichtet ist. Denn ein entsprechender Anspruch des Auftragnehmers aus § 684 BGB setzt jedenfalls voraus, dass keine ausdrückliche oder stillschweigende vertragliche Vereinbarung über die Kostentragung getroffen wurde. Hat also der Auftraggeber etwa vor der Mangelerforschung klargestellt, dass diese auf Kosten des Auftragnehmers zu erfolgen habe und ist der Auftragnehmer hierauf widerspruchslos tätig geworden, kommt ein Ersatzanspruch zugunsten des Auftragnehmers nicht in Betracht.

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